über die Grenze

Posts Tagged ‘Russland

In der tschetschenischen Hauptstadt zündet am Mittwochvormittag eine Selbstmordattentäterin mitten in der Innenstadt eine Bombe. Nach verschiedenen Angaben gibt es zwei Tote oder acht Verletzte. – Mittwoch, 16.09.2009 http://www.aktuell.ru

„Wir stehen als Kompanie voll und ganz hinter dem Oberst.“ Belastend ist für die Soldaten das Wissen, dass die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wird, wenn womöglich „Zivilisten“ umgekommen sind. FAZ 16.September 2009 (Fassungslosigkeit über die Heimatfront)

In Zeiten, wenn Deutschland den asymmetrischen Krieg in Afghanistan neu kennen lernt, ist man auf der Suche nach Möglichkeiten, die Besonderheit dieser Art des Krieges richtig zu verstehen. Wenn es um die Definition des Begriffes geht, so weiß man, dass die Theorie immer grau ist. Die deutsche Wikipedia deutet es folgendermaßen: „Asymmetrische Kriegführung bezeichnet militärische Auseinandersetzungen unter Parteien, die waffentechnisch und strategisch stark unterschiedlich ausgerichtet sind.“ Vereinfacht gesagt – Kein offener Kampf von Gleichen im Felde, Mann gegen Mann, sondern etwas anderes.

Etwas anderes, dass die Militärführung oft, trotz dem Vorhandensein von gewaltigen Waffen und Truppen, ihrer scheinbaren Überlegenheit, vor die Möglichkeit gebracht wird, gegen einen schwachen, normalerweise nicht ernstzunehmenden Gegner, den Krieg zu verlieren.

Das Wesen dieses Krieges kann man vielleicht besser verstehen, wenn man auf die Erfahrungen anderer Länder aufmerksam wird. Die Wikipedia gibt einen Hinweis auf Russland. Russland gehört zu den Ländern, das mit dem asymmetrischen Krieg bestens vertraut ist. Er wird auch gründlicher wahrgenommen als man es im Westen tut. Nicht zuletzt, weil dieser Krieg zu einem Teil der existenziellen Erfahrung vieler Menschen in Russland, angefangen mit dem Krieg in Afghanistan und danach, mit den Kaukasus-Kriegen, geworden ist. Dem besseren Verständnis dieser Erscheinung trägt auch die Filmkunst bei. So überrascht z.B. der Film von Alexander Rogoschkin „Blockposten“ (irrsinniger Weise lautet die offizielle deutsche Übersetzung „Checkpoint“) aus dem Jahr 1998 durch tiefe Einsicht in das Wesen des asymmetrischen Krieges. Rogoschkin sagt durch seinen Film deutlich: Es ist kein Krieg zwischen Gleichen, Mann gegen Mann, sondern ein Krieg der Ungleichen – Frau gegen Mann.

vlcsnap-23995
Den Rest des Beitrags lesen »

Dorenko, oft als „Bulldogge des Kremls“ bezeichnet und von Luschkow mit dem Spitznamen „Satan“ versehen, versteht es meisterlich Stimmungen aufzuspüren. (Die Welt . 21.Dezember 1999)

Im modernen Sprachgebrauch ist Oligarchie jede politische Form, in der auch bei formeller Gleichberechtigung der Staatsbürger die tatsächliche Herrschaft in der Hand kleiner Führungsgruppen, Funktionärsstäbe oder Oberschichten liegt. ( Der Große Brockhaus)

Gehen wir mal davon aus, dass es in Russland keine Pressefreiheit gibt und die Medien unter Kontrolle stehen. Das würde bedeuten, dass es nur die gewünschte, gewollte Meinung und keine abweichende Meinung geben darf. Deswegen hört sich das, was der Chefredakteure des populären Radiosenders Rusnovosti (etwa vergleichbar mit dem Deutschlandfunk), Sergej Dorenko, am 7.September 2009 während seines Programms „Aufstehen!“ den russischen Zuhörern gesagt hat, ziemlich seltsam an.

Den äußeren Grund für den Wutausbruch des Chefredakteurs gab das Interview des russischen Oligarchen Wladimir Potatin. Dieses Interview wurde am 07.September in der Zeitung Vedomosti gedruckt.

Mit der brüllenden Stimme eines afrikanischen Löwen empfahl Dorenko den russischen Superreichen, den sogenannten Oligarchen, den „Strick einzuseifen und sich auf dem Klo zu erhängen“. Da der Radiosender nicht unbedeutend ist und eigentlich die offizielle Sicht des russischen Staates deutet und vermittelt, ist es nicht uninteressant zu lesen, was Dorenko sagte, um anschließend zu fragen, ob es bald eine Säuberungswelle gegen die russischen Superreichen geben könnte. Seine Rede ist an einigen Stellen etwas vulgär, was aber viel mehr den Ausfall aus dem Korrekten unterstreicht. Ein Donnerschlag im friedlichen Äther des Landes, in Deutschland unmöglich und nicht nach gesittetem Geschmack.

Doch ob es einfach ein Ausdruck der  Geschmacklosigkeit, oder eine Kocharbeit an der russischen Volksstimmung ist, das wird uns die Zeit zeigen.

Den Rest des Beitrags lesen »


Berichte der deutschen Presse über die Ereignisse im russischen Kaukasus sind stets im Geiste der Tradition. Im Kontext der symbolischen Sprache verliert Moskau entweder ständig die Kontrolle über den Nordkaukasus oder man hat mit einem Pulverfass zu tun, das kurz vor einer Explosion steht. Google kennt 20 500 „Kaukasus Pulverfass“ Einträge.

In den letzten Tagen hatte wahrscheinlich die Deutsche Welle Lust, die anderen Kollegen zu toppen und veröffentlichte am 02.02. 2009 einen Artikel mit dem Titel – „Russlands Politik im Kaukasus“. In diesem Artikel gibt es einen wahren Satz:

shamil2

„Die Lage ist sehr unübersichtlich und von außen im Einzelnen kaum noch zu verstehen.“

Würde dieser Artikel nur aus diesem einzigen Satz bestehen, so wäre er wegen der klaren Einsicht des höchsten Lobes wert. Denn das ist die Wahrheit. Man kann sogar behaupten, dass es in Deutschland kaum einen Experten gibt, der sich im Nordkaukasus exzellent auskennt. Grund dafür ist nicht der Mangel an schlauen Köpfen in Deutschland, sondern die nordkaukasischen Umstände. Viele Fragen stellen und lange in den nordkaukasischen Republiken bleiben, ist für einen Ausländer schwer möglich. Westliche Journalisten tauchen dort wie Eintagsfliegen auf und fliegen schnell weiter. Die anderen verzichten auf eine Reise dorthin und malen aus vielen verschiedenen Meldungen ein passendes Bild für den Bedarf des Tages. Den Rest des Beitrags lesen »

Über den Zweiten Weltkrieg gibt es viele Dokumentationen. Sie werden gezeigt, wenn man ein historisches Ereignis an seinem Jahrestag feiert. Dabei hat man oft mit Wiederholungen von Wiederholungen zu tun. Man kennt die alten Aufnahmen fast schon auswendig. Es kommt auch wenig Neues oder Unbedeutendes dazu.Kurz vor dem siebzigsten Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkrieges sieht man sie wieder auf den Bildschirmen laufen. Auch in Russland präsentierten die Sender neue Dokumentationen zu diesem Thema. Dokumentationen, die die gegenwärtigen Stimmungen des Landes wiedergeben. Die lockere Haltung, die man nach dem Ende des Kalten Krieges hatte, hat sich verhärtet. Während man sich in den letzten Jahren mit Stalins Verbrechen schwer beschäftigte, kam es zu einer Drehung der Geschichte infolge von politischen Prozessen in osteuropäischen Staaten. Die Verantwortung für den Ausbruch des Krieges schiebt man nun auch Stalin zu. Und so sieht man sich in Russland gezwungen, Positionen klar zu machen, sie zu verdeutlichen.

vlcsnap-112357

Den Rest des Beitrags lesen »


Junus-Bek Jewkurow ist wieder fit. Es ist sein erstes Interview nach dem Krankenhausaufenthalt infolge des Anschlages auf ihn. Das Interview wurde von Sergej Dorenko, dem Chefredakteur des Radiosenders Rusnovosti, gemacht. Jewkurovs Sicht auf die heutige Situation im Kaukasus ist die eines Menschen, der im inneren Kreise des Prozesses steht. Dieses Interview ist kein sauber gemachtes PR-Stück des Präsidenten von Inguschetien, sondern ein offenes Gespräch. Wer sich für die Lage im Nordkaukasus ernsthaft interessiert, wird durch die Aussagen von Jewkurow viel erfahren und verstehen. In dieser Übersetzung ist das Interview gekürzt. Man findet das Original auf der Internetseite http://www.rusnovosti.ru .

Darüber, wie es Jewkurow nach dem Anschlag geht und ob die Köpfe rollen werden.

Dorenko: Ich schlage Ihnen ein Spiel vor. Nehmen wir an, ich bin Ihr Stabschef. Wir gehen jetzt nach Inguschetien zurück. Wie sehen unsere nächsten Schritte aus? Müssen die Köpfe rollen?

Jewkurow: Also die Köpfe. Als erstes: Denjenigen, die es verdient haben, hat man innerhalb von 3-4 Wochen nach dem Anschlag die Köpfe abgerissen. Die Auftraggeber, die Anführer sind schwer zu fassen. Aber wir kriegen sie noch. Da wird es keine Verjährung geben. Und die Bande, die es gemacht hat, wurde bereits liquidiert.
Den Rest des Beitrags lesen »

Als vor zehn Jahren, im August 1999, Boris Jelzin einen neuen Ministerpräsidenten vorgestellt hat, dachte wahrscheinlich der Großteil des russischen Volkes, dass der „Alte“ wieder einen seiner Anfälle geistiger Schwäche hatte. Monate später sah man es schon anders. Russland entdeckte einen neuen nationalen Helden – Wladimir Putin.  

Putin ist eine mythische Figur. Ein Fall, bei dem es eine saubere Trennung zwischen dem realen Politiker und seinem medialen Bild gibt.

In Deutschland verdeutlicht die Bejahung durch Gerhard Schröder der Frage, ob Putin ein lupenreiner Demokrat sei, am besten diese Trennung zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Schröders Wissen über die realen russischen Verhältnisse wird in der medialen Präsentation transformiert, so dass die Aussage „lupenreiner Demokrat“ einen sarkastisch-spottenden Ton hat. Denn in der medialen Präsentation Deutschlands ist Putin ein autoritärer Herrscher, gar ein Diktator.

putin-stalin-morph
Den Rest des Beitrags lesen »

Als Michail Saakaschwili georgischer Präsident wurde, konnte man einige Zeit später intuitiv ahnen, dass das Unmögliche – ein russisch-georgischer Krieg – möglich wird. Es lag wohl an der Ähnlichkeit mit dem ersten tschetschenischen Präsidenten Dschohar Dudajew, an der Ähnlichkeit ihrer Rhetorik und Aktion – Aufrüstung und Vorbereitung zu einem Krieg, in Verbindung mit der flachen Idee, dass, wenn man die Russen los wird, man gleich wie im Westen leben würde, denn man ist ja was Besonderes. 

Zum Glück für die Georgier sind sie keine Tschetschenen und waren vor einem Jahr nicht bereit, im Namen der Idee der Eroberung verlorener Gebiete, einen kollektiven Selbstmord zu begehen. Auch die georgische Armee hatte alle Vorzüge der Demokratisierung und der Westenisierung gezeigt. Als klar wurde, dass die Russen ernsthaft kämpfen werden, löste sie sich beim Rückzug auf. Auf den totalen Krieg für den Führer hatte man keine Lust.
Den Rest des Beitrags lesen »

Joseph Biden sei dank! Nach der Obama-Show in Moskau hat es wohl schlaflose Nächte in den Hauptstädten von „bunten Demokratien“ gegeben. Man hatte Briefe an den amerikanischen Präsidenten geschrieben, um ihn vor der russischen Gefahr zu warnen. Und man hat es wohl irgendwie geschafft. Nach seiner Visite in Kiew und Tiflis gab der amerikanische Vize ein Interview für das Wall Street Journal ( Biden Says Weakened Russia Will Bend to U.S.), das man zusammengefasst als – „Russland ist bald kaputt“ – bezeichnen könnte. Wer Zweifel hatte, kann jetzt wieder ruhig schlafen.

Russische Amerikaversteher geben eine schonungslose Interpretation von Bidens Aussagen. So z.B. schreibt Wladimir Milow, Präsident des Institutes für Energiepolitik, in seinem Kommentar:

„Moskau sollte sich über die neue „Message“ von Biden Gedanken machen. Die USA haben eine äußerst realistische Einschätzung über die Rolle Russlands im globalen Geschäft und sind nicht bereit, Zugeständnisse über die Grenze des Notwendigen zu machen. Wenn der Kreml nicht bereit ist, den Weg des Kompromisses zu gehen, dann ist ein Plan B für Russland möglich, in deren Rahmen es nur die Beziehungen auf dem Niveau des technisch-notwendigen Minimums geben soll und damit die Verdrängung Russlands an den Rand der Weltpolitik.“

Buka



Allerdings, wenn auch psychologisch nachvollziehbar, so hat man mit der Logik dieser Interpretation einige Probleme. Wird der „Plan B“ eigentlich nicht schon seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion realisiert? Wo ist da die Drohung?
Den Rest des Beitrags lesen »

Dunkle Nacht in einer Stadt im Süden. Ein bürgerliches Pärchen begegnet in einer dunklen Sackgasse einer Gruppe von bewaffneten Straßengangstern. Die beiden sind folgsam. Erst wird der Hut des Herren, dann die Tasche der Dame den Räubern übergeben. Mit Spot fordert einer von den Banditen die beiden auf, sich auszuziehen. Der Mann mit dem friedlichen Äußeren eines Kulturbeamten, öffnet sein Jackett und gibt der Begleiterin ein Zeichen. Blitzschnell ziehen sie ihre Pistolen. Die Gangster werden erschossen, bevor sie überhaupt reagieren können und das Pärchen verschwindet in der Dunkelheit der Nacht.

Bild1
Bild1 : Szene aus dem Film. Lockvogel des Nachrichtendienstes der Roten Armee im Einsatz

So könnte in Odessa die letzte Schlacht von Marschall Schukow ausgesehen haben, wenn man den Machern der TV-Serie „Liquidation“ glauben will. Es geht um die „Operation Maskerade“. Als Zivilisten verkleidete Agenten des sowjetischen Armeenachrichtendienstes agieren als Lockvogel und führen den Auftrag Schukows – alle Banditen der Stadt zu liquidieren – aus. Die Operation soll wirklich im Sommer des Jahres 1946 in Odessa stattgefunden haben.

Den Rest des Beitrags lesen »

Die Reaktionen auf die Nachricht über die Ermordung der tschetschenischen Menschenrechtlerin hören sich wie ein Echo des kommenden Krieges im Kaukasus an. Die Propagandaschlacht ist im vollen Gange, sogar weltweit. Doch entsprechend den Regeln des modernen asymmetrischen Konfliktes bleiben die wahren Ziele und die echten Gegner im Dunkeln. Was an die Oberfläche kommt und sich zeigt, erzeugt mehr Fragen und gibt keine Antworten.

409


Die Presse des Westens kennt einen Feind – Ramzan Kadyrow. In Zeiten, wenn Ereignisse zu medialen Spektakeln stilisiert werden, ist er die perfekte Figur für eine Darstellung, die man als -die Schöne und das Biest – bezeichnen kann. Eine Vorstellung, in der es eine schöne, mutige Frau gibt, die für die Menschenrechte kämpft und auf der anderen Seite einen bärtigen Barbaren, das Sinnbild der männlichen Gewalt, Herr über die gewaltbringenden Männerbanden, ein orientalischer Fürst mit einer goldenen Pistole. Ein perfekter Gegensatz für primitive und flache Bilder der Massenpropaganda.

Den Rest des Beitrags lesen »



  • Keine
  • peacock: Der Film ist ist wenigstens nicht so blöde wie Rammbock 1,2,3,4, viele. Wer genaue Geschichtsdarstellung sucht, ist bei einem Spielfilm immer falsch.
  • gregorhecker: Es gibt eine Behauptung, dass das Bild nicht 1942, sondern etwa 1939 während einer Übung gemacht wurde. Das wird in der russischen Wikipedia erwähn
  • Horst Heuer: Wie ist die Behauptung gemeint,das es sich bei dem Bild " Kombat " von Max Alpers um eine Fälschung handeln kann? Ich habe Erkenntnisse, das es sich

Kategorien