über die Grenze

Biden beendet die Moskauer Obama-Show

Posted on: Juli 28, 2009

Joseph Biden sei dank! Nach der Obama-Show in Moskau hat es wohl schlaflose Nächte in den Hauptstädten von „bunten Demokratien“ gegeben. Man hatte Briefe an den amerikanischen Präsidenten geschrieben, um ihn vor der russischen Gefahr zu warnen. Und man hat es wohl irgendwie geschafft. Nach seiner Visite in Kiew und Tiflis gab der amerikanische Vize ein Interview für das Wall Street Journal ( Biden Says Weakened Russia Will Bend to U.S.), das man zusammengefasst als – „Russland ist bald kaputt“ – bezeichnen könnte. Wer Zweifel hatte, kann jetzt wieder ruhig schlafen.

Russische Amerikaversteher geben eine schonungslose Interpretation von Bidens Aussagen. So z.B. schreibt Wladimir Milow, Präsident des Institutes für Energiepolitik, in seinem Kommentar:

„Moskau sollte sich über die neue „Message“ von Biden Gedanken machen. Die USA haben eine äußerst realistische Einschätzung über die Rolle Russlands im globalen Geschäft und sind nicht bereit, Zugeständnisse über die Grenze des Notwendigen zu machen. Wenn der Kreml nicht bereit ist, den Weg des Kompromisses zu gehen, dann ist ein Plan B für Russland möglich, in deren Rahmen es nur die Beziehungen auf dem Niveau des technisch-notwendigen Minimums geben soll und damit die Verdrängung Russlands an den Rand der Weltpolitik.“

Buka



Allerdings, wenn auch psychologisch nachvollziehbar, so hat man mit der Logik dieser Interpretation einige Probleme. Wird der „Plan B“ eigentlich nicht schon seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion realisiert? Wo ist da die Drohung?
Man muss die Kraft der Tradition sehen, wie die liberale Gazeta.ru schreibt:

„ Aus Bidens Mund hörte man in Kiew und Tiflis nichts anderes, was man nicht schon von Bush bereits gehört hatte. Und das bedeutet, dass die antirussisch gesinnten Politiker berechtigt werden, mit amerikanischer Hilfe zu rechnen.“

Und der Militärexperte Alexander Golz fasst zusammen:

„Der russisch-amerikanische Neustart wird als die kürzeste Flitterwochenzeit in die Geschichte von russisch-amerikanischen Beziehungen eingehen. Man hatte nicht einmal drei Wochen gebraucht, die man nach dem scheinbar erfolgreichen Obama-Besuch in Moskau hatte, um einen förmlichen Skandal zu provozieren.“

Nun. Würde man bei der Hochzeitsmetapher bleiben, so liegt wohl der Grund für den Krach in den unterschiedlichen Eigentumsvorstellungen der Ehegatten. Wie Alexander Krylow, Mitarbeiter vom Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen, feststellt:

„ Die amerikanische Regierung betrachtet die ganze Welt als ihre Einflußsphäre und ist daher nicht bereit, sogar die kleinsten Bemühungen Russlands, die Zone ihrer nationalen Interessen zu behaupten, zu akzeptieren.“

Doch man kann die Amerikaner verstehen. Sie sind in der Welt als globaler Finanz- und Sicherheitsdienstleister tätig. Nach der Auflösung des Ostblocks waren sie gezwungen, ihre Sicherheitsversorgung über die osteuropäischen Staaten zu übernehmen. Das funktioniert aber natürlich nur mit Hilfe einer Vorstellung von der russischen Bedrohung, zu deren Aufrechterhaltung Spannungen notwendig sind. Denn ohne ein Feindbild, würden die Staaten Osteuropas wieder zu den alten Streitigkeiten zurückkehren.

Der russische Historiker und Publizist Modest Kolerow beschreibt dieses Dilemma:

„Sie haben Mühe, ohne eine negative Konsolidierung zu existieren. Ohne sie kommen die alten Streitigkeiten wieder an die Tagesordnung: Ungarn mit Rumänien, Rumänien mit der Ukraine, Litauen mit Polen, die Türkei mit der Ukraine, die Türkei mit Aserbaidschan, Aserbaidschan mit Georgien, Iran mit Aserbaidschan, Zentralasien mit ihrer Krise der Wasser- und Energieversorgung.“

So nutzt man also das Modell des alten Kalten Krieges, mit dessen Hilfe es gelungen war, die westeuropäische Einigung zu erreichen. Der neue Kleine-Kalte-Krieg soll dem Zusammenschluss des übrig geblieben Restes dienen. Doch im Gegensatz zu der Stabilität des Kalten Krieges, indem die USA und Russland ihre Führungsrollen kannten, gibt es heute Kontrollmängel auf der amerikanischen Seite. Wie das georgische Kriegsabenteuer von August 2008 zeigt, neigen die gesetzten Provinzfürsten dazu, ihr eigenes Spiel zu spielen, indem sie die USA und die EU zu instrumentalisieren versuchen. Nicht umsonst musste Biden in seinem Interview bezüglich Georgiens bestätigen, dass „ sie nicht verstehen, wie man Demokratie errichtet.“

Es bleibt also alles beim Alten. Es kann auch nicht anderes sein, da in der gegenwärtigen Situation auf dem europäischen Kontinent keine europäischen Mächte gibt, die in der Lage wären, die Verhältnisse ohne die amerikanischen Dienste zu ordnen. Die Europäer sind, wie auch Russland, mit sich selbst beschäftigt.

Und was die Aussage von Biden über die Krise des russischen Bankensektors in 15 Jahren angeht, so gibt es eine asymmetrische Antwort aus Russland. Der russische Redakteur des Radiosenders „Rusnovosti“, Sergej Dorenko, meint dazu, dass der russische Bankensektor nicht in den kommenden 15 Jahren, wie Biden im Interview behauptet, sondern bis zum Ende dieses Jahres zusammenbrechen würde. Und überhaupt, Russland habe nichts, was real als Bankensektor bezeichnet werden könnte.

Ende

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  • peacock: Der Film ist ist wenigstens nicht so blöde wie Rammbock 1,2,3,4, viele. Wer genaue Geschichtsdarstellung sucht, ist bei einem Spielfilm immer falsch.
  • gregorhecker: Es gibt eine Behauptung, dass das Bild nicht 1942, sondern etwa 1939 während einer Übung gemacht wurde. Das wird in der russischen Wikipedia erwähn
  • Horst Heuer: Wie ist die Behauptung gemeint,das es sich bei dem Bild " Kombat " von Max Alpers um eine Fälschung handeln kann? Ich habe Erkenntnisse, das es sich

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